Der Zeigarnik – what?!
Als ich über den Zeigarnik Effekt stolperte wurde ich direkt hellhörig. Ich hatte den Namen noch nie gehört, aber die Geschichte dahinter kam mir definitiv bekannt vor. Die russische Psychologin Bljuma Wolfowna Zeigarnik hatte folgende Beobachtung gemacht:
Eine Kellnerin in einem Café konnte sich easy peasy die Bestellungen der einzelnen Gäste merken. Kaum war die Bestellung abgeschlossen und die Getränke an den Tisch gebracht, war die Erinnerung weg.
Zeigarnik fand dieses Phänomen so spannend, dass sie es in einer Studie überprüfte. 100% wissenschaftlich ist es nicht belegt, aber ich glaube, wir kennen den Effekt doch irgendwie alle, oder?
Der Zeigarnik Effekt in unserem Alltag
Am anschaulichsten finde ich das Beispiel mit den Tabs. Aufgaben, die noch nicht fertig sind, sind wie die Tabs in unserem Webbrowser. Auch wenn wir aus einer Aufgabe herausgerissen werden, bleibt uns in Erinnerung wo wir gerade waren und können nach der Pause wieder dort ansetzten. Der Tab ist noch immer offen.
Der Schriftsteller Ernest Hemingway hat diese Methode bewusst genutzt, sich in seiner Arbeit unterbrochen und konnte so am nächsten Tag wieder leichter hineinfinden. Und so kennen wir es wohl auch alle, ob bewusst gewählt oder unfreiwillig, aus unserem Alltag.
Aber wie bei unserem Webbrowser ist es auch mit unserem Kopf. Wenn zu viele Tabs offen sind werden wir langsamer und verlieren irgendwann den Überblick – and we have no idea where the music is coming from 😉
Zu viele ungelöste Aufgaben verursachen Stress, lassen uns schlecht schlafen, den Feierabend nicht genießen oder ziehen sich sogar bis in den Urlaub, in dem man nicht abschalten kann, weil man weiß, was alles noch auf dem Tisch liegt.
Die Methode ist also durchaus ein zweischneidiges Schwert.
Wie geht man also am besten mit dem Zeigarnik Effekt um?
Positiv, ja fast schon beruhigend, finde ich den Effekt in Situationen, in denen wir unfreiwillig aus unserer Arbeit gerissen werden. Ob Telefonat, Kollegi oder die Türklingel, nach der Störung finden wir wieder (relativ) zügig in unsere Aufgabe hinein.
Ob man den Cliffhänger Effekt, den Zeigarnik entdeckt hat, bewusst nutzen möchte, ist aus meiner Sicht ganz klar Typsache. Wenn man sich nach der Mittagspause oft schwer tut wieder in die Arbeit zu finden, macht es durchaus Sinn, sich bewusst zu unterbrechen, um dann, wie Hemingway wieder dort anzuknüpfen. Wenn man aber den kompletten Lunch über gedanklich mit der Aufgabe verbringt und man sich selbst der Pause beraubt, ist es nicht der richtige Weg und es macht mehr Sinn, das To Do noch davor abzuschließen. Probieren geht hier einmal mehr über studieren.
Sicher kann man auch mal eine Aufgabe für den nächsten Tag offen lassen und gerade bei komplexen und großen Projekten ist das auch unvermeidbar. Aber ich rate davon ab, zu viele To Dos zu unterbrechen, da aus meiner Sicht der positive Effekt verloren geht und es schnell chaotisch wird.
Sicher kann man auch mal eine Aufgabe für den nächsten Tag offen lassen und gerade bei komplexen und großen Projekten ist das auch unvermeidbar. Aber ich rate davon ab, zu viele To Dos zu unterbrechen, da aus meiner Sicht der positive Effekt verloren geht und es schnell chaotisch wird.
Meine Tipps
Um den Zeigarnik Effekt optimal zu nutzen würde ich so vorgehen:
- Schau als erstes mal drauf, wie du tickst. Helfen dir dies Cliffhänger, oder macht dich allein der Gedanke daran schon hibbelig?
- Breche große Projekte in Teilaufgaben herunter und schau, dass du zum Tagesende die jeweilige Teilaufgabe auch abschließt. So ist zumindest dieser Unter-Tab geschlossen und du kannst am nächsten Tag dennoch an diesem Punkt ansetzen und weiter machen.
- Mach am Abend eine Bestandsaufnahme und verschaffe dir einen Überblick. Wirst du immer wieder aus Aufgaben herausgerissen, sind diese 5 Minuten vor Feierabend gut investiert. Du ziehst eine Bilanz des Tages und kannst dich für den kommenden Tag die noch offenen To Dos notieren. So kannst du den Zeigarnik Effekt wieder nutzen und am Folgetag anknüpfen, kannst den Feierabend aber gelassen angehen, weil du es schwarz auf weiß fixiert hast und dich nicht bewusst daran erinnern musst.
Wie bei allen Methoden und Herangehensweisen gibt es nicht den einen Weg. Wenn dich der Zeigarnik Effekt interessiert und sich für dich schlüssig anhört, probiere es gerne einfach mal aus. Wenn es funktioniert ist es cool, wenn nicht, kannst du nachjustieren und eventuell ist eine Abwandlung, die Lösung für dich. Vielleicht ist es aber auch einfach nicht deine Methode und auch das ist vollkommen fein.
Wenn du herausfinden möchtest, was für dich wirklich gut funktioniert, schaue gerne auch mal hier vorbei.
Viele liebe Grüße
Deine Julia
Foto: Unsplash STIL